Wer Meerschweine in der Wohnung hält, steht vor der Aufgabe ihnen ein artgerechtes Platzangebot zu schaffen, das sich in den Raum einfügt und bei Bedarf auch einmal umgestellt werden kann. Ein solches Käfig-Gehege ist hier im Selbstbau entstanden und bietet 1,5m² Platz, sowie genügend Raum für Zubehör.
Inhaltsverzeichnis
Die Corona-Pandemie brachte es mit sich, dass ich mich trotz Garten im Hinterhof nach etwas Abwechslung sehnte. Unser Aquarium läuft weitestgehend reibungslos und bei Bekannten kam ich wieder auf das Thema Meerschweinchen. Diese kannte ich bis dahin nur von Jugendfreunden, aber auch meine Freundin hatte früher schon ziemlich gute Erfahrungen mit diesen kleinen haarigen Kameraden gemacht.
Also habe ich mich zur Pflege der Tiere gebildet (z.B. Wikibook Meerschweinchen) und verschiedene Überlegungen zu den Möglichkeiten eines Käfigs gemacht. Da die fertigen Gehege oft viel zu klein sind, kam für mich der Selbstbau in Frage. Ergänzt wird das Gehege durch einen zusätzlichen aufbaubaren Käfig und natürlich Auslauf im Garten, wenn wir gerade draußen sind.
Planung
Die Anforderungen an das Gehege waren eigentlich recht klar:
- artgerechte Haltung (3x Tiere je 0,5² Platz, Einsicht und Rückzugsareal)
- passt sich in Wohnzimmer ein
- gut zu reinigen und ohne das Streu herausfällt
- Platz für Zubehör (Heu, Einstreu, Spielzeuge, …)
Es gibt ja verschiedenste Ansätze und diverse Videos und Anleitungen (z.b. mehrstöckige Villa Eli, Neuschweinstein, Übersicht Innengehege, … Diesmal habe ich aber auf Paletten verzichtet und habe auch nicht auf IKEA Bausätze aufgesetzt.
Deshalb habe ich erst den Platz ausgemessen und mit verschiedenen Kartons den Raum einmal ausgestaltet. Weitere Ideen habe ich dann mit Zettel & Stift gesammelt und anschließend in FreeCAD grob konstruiert. (vielleicht wäre Sketchup oder Blender3D etwas einfacher gewesen, aber ich wollte gerne einmal in CAD einsteigen und fand mich nach einigen Tutorials recht gut zurecht: Parametrischer Möbelbau, Reihe FreeCAD Grundlagen, muCCC hack!friday freeCAD). Ihr könnt mit der Software die Grundplatte auch mit eigenen Maßen anpassen, die Projektdatei gibt es hier. Diese Ebene wird zweimal gefertigt und die bildet die Bodenplatte und die Platte für das eigentliche Gehege. Die Seitenbretter bilden dann unten eine Ablage für Heu / Einstreu / … und darüber begrenzt es die Tiere auf zwei Etagen.
Mit der Idee bin ich dann zunächst durch die Baumärkte und habe nach ca. 4 Wochen dann den finalen Entwurf mit den Außenmaßen 110 x 80cm mit gefälligeren abgesetzten Ecken. Dadurch wirkt das Ganze weniger klobig und ein wenig moderner.
Material und Kosten
Beim Bauhaus habe ich mir die folgenden Sachen ins Auto gepackt
- 2x Grundplatten OSB 80cm x 110cm x 1,5cm
- 1x Zwischenplatte Presspahn 50cm x 50cm x 0,5cm
- 1x Wandbretter 2cm x 15cm x 200cm
- 1x Wandbretter 2cm x 40cm x 200cm
- 1x Leiste 2cm x 4cm x 100cm
- 3x Plexiglas 50cm x 25cm
- 1x Zierleiste angefast 200cm x
- 1x Zierleiste rechtwinklig 100cm x
- 1x Blockleiste quadratisch 100cm x
- 5x Rollen
- Lack-Tischdecke
- (weitere Ausstattung – Wasserspender, Trinknapf, …)
Insgesamt kamen so ca. 100Eur zusammen.
An Werkzeugen benötigt man eigentlich nur eine einfache Säge, Cutter-Messer, Akku-Schrauber und Bohrmaschine, sowie natürlich Schleifpapier. Aber idealweise auch Schraubzwinge, Winkel und eine kleine Werkbank. Sehr edel wäre natürlich eine kleine Kreissäge, gerade für die abgewinkelten Seitenklappen.
Aufbau
Letztlich sind die Grundplatten die entscheidenden Elemente. Im Baumarkt kann man gleich einen akkuraten passenden Zuschnitt bekommen und muss selbst dann nur die Ecken abtrennen.
Die Bretter für die Wände sind einfach abzulängen und durch die Platten mit Holzschrauben, sowie in den Ecken gegenseitig zu verschrauben. Bohrt man vorher passend vor, geht das gut von der Hand und splittert auch nicht. Alle Schnittkanten sind natürlich abzuschleifen, damit sich weder Tier noch Mensch einen Splitter einzieht.
Etwas fummeliger ist die Montage der Scheiben. Die frontale Plexiglasscheibe soll bei mir einfach entfernbar sein, weshalb sie zwischen den zwei seitlichen Holzleisten eingeschoben werden soll. Dazu längt man die Leisten entsprechend ab und markiert sich den „Einschub“ in der Dicke der Scheibe mit einem Stift. Danach lässt sich das relativ einfach mittels zweier paralleler Sägenschnitte (und ggF. einem kleinen Stemmeisen / Schnitzwerkzeug) herausarbeiten und das mit zwei Schrauben im Boden befestigen. Die Scheibe selbst, lässt sich ganz wunderbar mittels Cutter-Messer einkerben und dann an der Stelle brechen.
Die seitlichen Scheiben werden stattdessen durch die außen angebrachten Zierleisten gehalten. Dahinter kleb ich jeweils ein kleines Stück aus der quadratischem Holzleiste, wodurch die Scheibe unten fest klemmt. Oben soll sie dabei an den begrenzenden Holzseiten anschlagen, wodurch sie nur noch am nach vorne-herausfallen gehindert werden muss, falls mal ein Tier sich auf die Hinterfüße stellt. Das kann man durch kleine Blechstücke erreichen, welche man im passenden Winkel biegt und mit kleinen Nägeln am Holz anbringt.
Die größte Herausforderung waren für mich eher die Seitenklappen, welche ich wie ein Deckel zum stecken ausführe. Dazu müssen sie aber an beiden Enden um 45° abschnitten werden, was mir weder mit Fuchsschwanz, noch mittels Stichsäge klappte. Sehr exakt ging es dann aber mit einer Tischkreissäge.
Zu guter Letzt werden die 5 Rollen unter die Grundplatte mit kurzen Schrauben geschraubt.
2. Stock
Das Interrior der Innenausstattung gestattet sich dann wieder als sehr einfach. Die Sperrholzplatte schnitt ich auf 30 cm Breite zu. Die Länge erlaubt den Schweinchen in dem Stockwerk sich ordentlich zu bewegen, ohne dass die Gefahr besteht, dass sie über die Scheiben klettern können. Aus den Resten der Bretter lassen sich so passend lange Seitenwände bauen, auf denen das Ganze aufsetzt. Mittels flacher Zierleiste lässt sich darum noch ein Geländer bauen, damit der Einstreu nicht herab fällt. Ich bin bei einem einzelnen großen Haus geblieben, aber natürlich kann das auch anders unterteilt werden.
Die Rampe habe ich in einem möglichst flachen Winkel aus einem Rest der Sperrholzplatte gesägt. Am Häuschen gibt es dazu eine Aufliegefläche aus einem Stück der quadratischen Leiste. Damit man die Rampe wieder abnehmen kann, sind nur 2 kleine Löcher in dem Holz, in die zwei kleine Schrauben in der Rampe greifen. Ein zweites Stück der quadratischen Leiste klebe ich davor unter die Rampe, damit es sich mit dem Haus verkantet. So können die Merris nicht ausversehend die Rampe herausheben, wenn sie darunter rumstöbern.
Auskleidung
Da die Schweinchen neben kleinen Kötchen auch einiges an Urin hinterlassen, müssen wir das Holz etwas schützen. Dazu habe ich aus einer preiswerten PVC-Tischdecke die obere Grundplatte und die Platte des 2. Stocks ausgeschnitten. Wichtig ist, dass es zwar am Rand etwas Überhang hat (falls nasse Späne an die Seiten fallen), aber das die Tiere nicht daran knabbern können. Mit Heißklebepistole bzw. Kleber kriegt man das sehr gut fest gemacht.
Fertig
Komplettiert haben wir das Gehege mit einem kleinen Melorations-Rohr von 10cm Außendurchmesser und einem kleinen Weidenstamm, den ich mit einer Motorsäge ausgehöhlt habe. Beides wird von den Schweinen sehr geliebt. Einen Wasserspender und zwei Futternäpfe habe ich auch noch angeschafft und versorgen die kleinen Nager mit dem Notwendigsten, ohne dass es komplett durcheinander liegt.
Unsere Tiere wollten wir ganz bewußt aus Tierheimen, also das Rostocker Tierheim Schlage oder den „Notfellchen“ aus Stralsund. Bundesweit gibt es ja ganz ähnliche Initiativen wie etwa Notmeerschweinchen e.v.
Das Gehege wird von ihnen ganz hervorragend angenommen und das große Haus hat sich sehr bewährt, weil darin alle drei auch einmal zusammen kuscheln können und sich zurückziehen können. Ergänzen tun wir das mit einem Freiland-Gehege, wo sie oft auch draußen weiden können und etwas zusätzliche Abwechslung haben.
Viel Spaß beim nachbauen und eurem Weg zum eigenen „Meerschweinchen TV“ 😉